Gefährliches Rückwärtsfahren
Rein in die Parklücke, ein- oder ausladen und schnell weiter zur nächsten Beladestelle. Das ist der Alltag im Kurier- und Lieferdienst. Die Arbeit in der Branche ist geprägt durch Zeitdruck, Starkverkehr, nicht optimale Be- und Entladebereiche, Arbeit bei jedem Wetter oder in der Dunkelheit. Hinzu kommt, dass Lieferfahrzeuge beim Rückwärtsfahren oft unübersichtlich sind. Sie sind länger als herkömmliche Pkw und haben meist vollverblendete Rück- und Seitenwände.
Trotz gut eingestellter Außenspiegel bleibt ein nicht einsehbarer Bereich hinter dem Fahrzeug, der die Hauptursache für viele Unfälle ist. In der Regel sind die meisten Zusteller allein unterwegs und haben keinen Beifahrer, der sie einweisen kann. Assistenzsysteme können das Fahrpersonal unterstützen. Bereits bei der Anschaffung von Lieferfahrzeugen sollte deshalb darauf Wert gelegt werden. Bei Bestandsfahrzeugen bieten sich Nachrüstungen an. Empfehlenswert ist es, auf Basis der Gefährdungsbeurteilung zu prüfen, welche Systeme notwendig sind.
Sensorgesteuerte Systeme und Kamera-Monitor-Systeme senken das Risiko beim Rückwärtsfahren, haben aber auch ihre Schwächen und Grenzen. Sensorgesteuerte Systeme reagieren auf alle Objekte, die sich im Fahrbereich befinden, auch wenn diese nicht sicherheitsrelevant sind (etwa Laub oder Kartons). Bei Kamera-Monitor-Systemen muss das Fahrpersonal die Displays zusätzlich zu den beidseitig angebrachten Außenspiegeln im Auge behalten. Eine Kombination beider Systeme ist am effektivsten und wird als Rückfahrassistenzsystem bezeichnet. Nach dem Prüfgrundsatz GS-VL 40 „Anforderungen an Rangier- und Ruckfahrassistenzsysteme für Nutzfahrzeuge“ zertifizierte Systeme stellen sicher, dass der Stand der Technik eingehalten ist.
Assistenzsysteme entlasten Fahrer nicht von der Verantwortung
Neben technischen Aspekten spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle, wenn es um mehr Sicherheit im Kurier- und Lieferdienst geht. „Um Maßnahmen festzulegen, ist vorrangig das TOP-Prinzip anzuwenden. Technische Lösungen stehen an erster Stelle, darauf folgen die organisatorischen und zum Schluss die personenbezogenen Maßnahmen“, sagt Jens Schulz, Aufsichtsperson der BG Verkehr. „Konkret bedeutet das neben der Ausstattung mit Rückfahrassistenzsystemen etwa, dass die Tourenplanung an die realen Verhältnisse angepasst wird, unnötiger Zeitdruck und ein Rückwärtsfahren möglichst vermieden werden“, so Schulz weiter.
Auch sollten Beschäftigte regelmäßig unterwiesen und für die Gefährdungen sensibilisiert werden. Zum Beispiel vermeidet man kritische Situationen, indem man das Fahrzeug rückwärts in die Parklücke hinein und vorwärts hinausfährt. Die Fahrerinnen und Fahrer der Lieferfahrzeuge müssen zudem in die Funktionsweise der Assistenzsysteme eingewiesen werden. Wichtig ist insbesondere bei Pool-Fahrzeugen, dass die richtige Spiegeleinstellung täglich vor Schichtbeginn geprüft wird.
Weitere Informationen
Eine Checkliste mit Schutzmaßnahmen gibt es in der neuen Ausgabe des SicherheitsProfi.
Hinweise zur Sicherheitsausstattung: Broschüre
Unterweisungskarte G2:
(steht in mehreren Sprachen zur Verfügung)Artikelaktionen