BG Verkehr untersucht arbeitsbedingte psychische Belastungen in der Bestattungsbranche

09.03.2022 - Beschäftigte und Unternehmende in der Bestattungsbranche sind größtenteils zufrieden mit ihrer Arbeit. Für psychische Belastungen sorgen jedoch die Arbeitszeitbedingungen, die Arbeitsdichte und die Möglichkeit extrembelastender Ereignisse. Das ergab eine Studie der BG Verkehr, für die 644 Unternehmende und Beschäftigte befragt wurden.

Die psychischen Arbeitsbedingungen in der Bestattungsbranche sind geprägt von zahlreichen positiven Aspekten wie Abwechslungsreichtum der Arbeit, großem eigenem Entscheidungsspielraum sowie Unterstützung von Kollegen und Vorgesetzten. Dagegen stehen jedoch hohe Arbeitszeitbelastungen und potentiell extrembelastende Situationen. Das ergibt sich aus dem aktuellen Forschungsbericht „Psychische Belastung im Bestattungshandwerk“, den die BG Verkehr unter Federführung der Arbeitspsychologin Dr. Eva Winkler veröffentlicht hat.

78 Prozent der Befragten der vorliegenden Stichprobe gaben an, zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit ihrer Arbeit im Bestattungshandwerk zu sein. „Insbesondere der Abwechslungsreichtum und die Arbeit mit den Angehörigen der Verstorbenen werden als positiv herausgestellt“, sagt Projektleiterin Dr. Eva Winkler.

Schwierige Arbeitszeitbedingungen

Auf der anderen Seite sind vor allem die Arbeitszeitbedingungen vorwiegend ungünstig gestaltet. Bereitschaftsdienst, eine hohe Wochenarbeitszeit, Abend-, Nacht- und Wochenendarbeit sowie mobile Arbeit gehören zum Berufsbild. Das wird von den meisten Befragten als belastend empfunden und verstärkt insbesondere den Konflikt zwischen Arbeit und Privatleben. 35 Prozent der Befragten gaben an, die ständige Rufbereitschaft und Erreichbarkeit ohne Einhaltung von Ruhepausen sei die größte Belastung in ihrem Beruf. 56 Prozent gaben an, dass es Tage gebe, an denen sie sich schon vor der Arbeit müde fühlten. 41 Prozent fällt es schwer, nach der Arbeit abzuschalten. Und 59 Prozent müssen auch zuhause an Schwierigkeiten bei der Arbeit denken.

Noch höher sind diese Arbeitszeitbelastungen bei Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhabern, bei denen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwommener sind und Sorgen um die Zukunft des Unternehmens hinzukommen.

Diese Arbeitszeitbelastungen wirken sich punktuell negativ auf die psychische Gesundheit aus. „Viel mehr negativen Einfluss haben allerdings hohe Arbeitsanforderungen wie Arbeitsintensität, Unterbrechungen und Aufgabenkomplexität, sodass einige der Befragten besorgniserregende Werte bei Indikatoren der psychischen Gesundheit (Burnout, Irritation, psychosomatische Beschwerden) aufweisen“, sagt Projektleiterin Dr. Eva Winkler. Kundenkonflikte sowie Emotionsarbeit sind dagegen im Vergleich zu anderen Dienstleistungssektoren gering ausgeprägt.

Eine Besonderheit in der Branche ist die Rolle des Ansehens des Berufstandes und der Verbundenheit zum Beruf für die individuellen psychischen Auswirkungen. Ein bedeutsamer Schutzfaktor ist auch in der Bestattungsbranche die Erholung.

Mehr als die Hälfte hat extrem belastende Situationen erlebt

Ein relevanter Teilbereich der Studie sind die außergewöhnlichen Belastungsmomente
während der Tätigkeit. 68 Prozent der Befragten können sich an mindestens eine Situation erinnern, die sie selber als Extrembelastung einstufen. Am häufigsten genannt wurden verstorbene Kinder/Babys, der Tod von Verwandten, Freunden und Kollegen sowie Suizide.

Es wurde deutlich, dass diese extrem belastenden Ereignisse zwar lediglich bei 4 Prozent zu chronifizierten Traumasymptomen führten, aber dennoch mit negativen individuellen psychischen Auswirkungen assoziiert sind. „Es fehlen strukturierte Unterstützungsangebote und Fortbildungsmöglichkeiten, um Bestatterinnen und Bestatter besser vor den Auswirkungen von extrembelastenden Ereignissen zu schützen“, kommentiert die Autorin der Studie.

Zur Studie

Die der Studie zugrundeliegende Online-Umfrage fand vom 23. Juni bis zum 25. Oktober 2021 online statt. Im Befragungszeitraum nahmen insgesamt 644 Personen an der Studie teil. Die Berechnungen beziehen nur Angaben von Personen mit ein, die mindestens zwei Fragebogenbereiche (und damit über 60 % der Fragen) bearbeitet haben. Somit besteht die Untersuchungsstichprobe aus 539 Personen. Im Mittel sind die Teilnehmenden 42,7 Jahre alt. Es nahmen 270 männliche (51 %) und 263 weibliche (49 %) Personen teil. Die meisten Teilnehmenden (76 %) arbeiten für Kleinstbetriebe mit weniger als 10 Beschäftigten. 76 % der Befragten arbeiten in einem Familienbetrieb, davon 62 % als Familienmitglied. Es haben 187 Geschäftsinhaberinnen und Geschäftsinhaber, 127 Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer und 272 Angestellte teilgenommen.

Über die BG Verkehr
Die BG Verkehr ist die gesetzliche Unfallversicherung für die Verkehrswirtschaft, Post-Logistik und Telekommunikation. Bei ihr sind rund 1,7 Millionen Menschen versichert. Sie berät in den mehr als 200.000 Mitgliedsunternehmen zur Prävention und sorgt nach Arbeitsunfällen und bei Berufskrankheiten für die Behandlung, Rehabilitation und Entschädigung ihrer Versicherten.

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