Umgang mit Gefahrgut

Gefahrgutumschließungen und Verpackungen dürfen unterwegs niemals geöffnet werden. Dennoch sind Gefahrstoffkontakte möglich, z. B. beim Entladen, bei Probenahmen, Havarien oder Unfällen. Mögliche Gefahrstoffkontakte werden mit den Methoden gemäß Gefahrstoffrecht betrachtet, welches von Gefahrgutexperten treffend als Umgangsrecht bezeichnet wird.

Zur Gefährdungsbeurteilung von Tätigkeiten mit Gefahrstoffkontakt ist das Arbeitsschutzrecht in seiner Gesamtheit aus Maschinensicherheit, Betriebsmittelsicherheit und Chemikaliensicherheit heranzuziehen.

Geplanter Umgang mit Gefahrgut

Gabelstapler transportiert Fässer

Beladung und Befüllung

Das Fahrpersonal ist als Spezialist für sein Fahrzeug und dessen Aufbauten zu betrachten. Das Ladepersonal ist Spezialist für die Einrichtungen der Ladestelle und das Gefahrgut. Mit der Ladestelle besteht meist eine direkte Geschäftsbeziehung von Beförderer und Auftraggeber bzw. Absender. Somit sind die Voraussetzungen für eine gelingende Kommunikation über alle Besonderheiten der Ladung im Falle von Spezialfahrzeugen, wie z. B. Tankwagen, gegeben.

Persönliche Schutzausrüstung

Zur Auswahl der Schutzausrüstung sind alle Eigenschaften des Gefahrgutes und des Fahrzeuges zu berücksichtigen. So verändert heiß oder kalt transportiertes Gefahrgut die Temperatur der Bedienteile am Fahrzeug.

Wird ein Hinknien am Domdeckel notwendig, so kann ein Gesichtsschild leichter beschlagen oder gar das Vorbeugen behindern. Spritzende Flüssigkeiten können in diesen Positionen leicht hinter das Schild dringen und dann in die Atemwege gelangen bzw. verschluckt werden.

Normale Beförderungsbedingungen

Bei der Handhabung von Gefahrgut ist es wichtig zu wissen, dass die Kennzeichnung nach ADR (Transportrecht) ausschließlich Haupt- und Nebengefahr für die normale Beförderung in sicher verschlossenen Verpackungen, Behältern, Tanks und Fahrzeugaufbauten beschreibt. Während des Vorgangs der Ortsveränderung dürfen Gefahrstoffumschließungen nicht geöffnet werden, siehe § 2 Absatz 2 GGBefG. Die Gefahrgutvorschriften enthalten stoffbezogene Verpackungsvorgaben, die unter normalen Beförderungsbedingungen den Belastungen standhalten.

Entladung

An den Entladestellen bewegen sich die Fahrer auf betriebsfremden Geländen. Sie sind daher auf gute Einweisung angewiesen. Bei Versandstücken ergeben sich hieraus selten Schwierigkeiten. Anders sieht es bei Spezialfahrzeugen aus. Hier übernehmen Fahrer immer öfter die Entladung selbst. Auch gibt es viele Ladestellen, die nur in Einzelfällen Gefahrgut erhalten. Nicht eingespielte und unsachgemäße Verfahrensweisen führen hier zu vergleichsweise hohen Unfallzahlen.

Zum Entleeren aus Tankfahrzeugen werden mitgeführte Schläuche über Kupplungen mit Lagerbehältern des Empfängers verbunden.

Folgende Schutzmaßnahmen sind vorzusehen:

Technische Maßnahmen

Nutzung von

  • der Ladestelle angepassten Kupplungen (Adapterstücke können nur die zweitbeste Lösung sein.)
  • Trockenkupplungen, wenn möglich
  • dem Gefahrgut angepassten Fördersystemen

Organisatorische Maßnahmen

  • Entladeverfahren optimieren und schulen
  • zulässigen Einsatz sowie Einsatzverbote mitgeführter Adapterstücke festlegen und unterweisen
  • Einweisung für Fahrer an Lieferstelle einfordern
  • Verhalten bei Störungen an Entladestelle festlegen
  • Zulässigkeit von Probenahmen durch Fahrer festlegen

Persönliche Maßnahmen

  • passende PSA
  • Schulung und Unterweisung

Probenahme bzw Muster ziehen

Durch die Ausweitung der Serviceleistungen durch Speditionen wird die Probenahme immer öfter von den Gefahrgutfahrern geleistet. Hier handelt es sich eindeutig um eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen:

1.  Fall – Tankfahrzeug mit Probenahmestelle

In diesen Fällen steht die inhalative Gefährdung im Vordergrund. Wird kein geeigneter Handschutz benutzt, kommt es auch zur Hautgefährdung.

2.  Fall – Tankfahrzeug ohne Probenahmestelle

Hier muss zur Probenahme der Domdeckel geöffnet werden und mit einer speziellen Schöpfvorrichtung die Probe gezogen werden. Hier besteht zusätzlich Absturzgefahr.

Zur Ableitung der Schutzmaßnahmen im Probenahmefall ist unbedingt das Sicherheitsdatenblatt heranzuziehen.

Ungereinigte leere Gefahrgutumschließungen und Verpackungen

Nach der Entladung bleiben Restmengen in den Gefahrgutumschließungen und Verpackungen zurück. Die Testmengen haben nun mehr Raum zur Verfügung und gehen zum Teil in die Dampfphase über. Dabei entstehen besonders aus entzündbaren Flüssigkeiten mit dem Sauerstoff der Luft explosionsfähige Atmosphären.

Zur Gefahrenerkennung müssen auf geleerten Behältern, Gebinden, Fässern, IBC, Tanks und Fahrzeugen Gefahrzettel der ursprünglichen Ladung verbleiben. Die Art der Hinweise im Beförderungspapier wird unter 5.4.1.1.6 ADR beschrieben. Für Verpackungen reicht die Klassenangabe.

Bei Gefahrgutumschließungen muss das letzte Ladegut vollständig genannt werden. Ungereinigte leere Tanks, Batteriefahrzeuge und MECG müssen in der Regel während der Beförderung verschlossen und dicht wie mit dem ursprünglichen Gefahrgut sein. Bei bestimmten Stoffen gelten noch Sondervorschriften der TU-Reihe nach Abschnitt 4.3.5 ADR.

HinweisMerke:

Ungereinigte leere Gefahrgutumschließungen sind nach wie vor gefährlich. Sie sind eine Spezialform von engen Behältern. Auch nach Reinigung ist ein Betreten der Gefahrgutumschließung erst nach Freimessung durch eine sachkundige Person ohne Lebensgefahr möglich. Zur Auswahl, welcher Gefahrstoff neben dem Sauerstoffgehalt bestimmt werden muss, ist das Sicherheitsdatenblatt der vorangehenden Ladungen erforderlich.

Die BG Verkehr bietet regelmäßig Seminare zum Freimessen an.

Öffnen von Containern (CTU)

Der Seetransport von Frachtcontainern hat lange Laufzeiten. Zum Schutz vor Schimmelpilzen und zur Stabilisierung verderblicher Produkte wird oft eine Begasung des Containers vorgenommen. Nach Gefahrgutrecht macht dies eine besondere Kennzeichnung der betreffenden CTU erforderlich. Aufgrund der hohen Kosten und der verlängerten Liegezeiten in Häfen unterbleibt dies oft. Auf typische Indizien wie abgeklebte Lüftungsschlitze, halb abgerissene Hinweisschilder und gewisse Produkte, die erfahrungsgemäß begast befördert werden, ist zu achten. Informieren Sie sich über die aktuellen Praktiken je nach Herkunftsgebiet.

Auch gibt es Warengruppen, die unterwegs häufig noch Schadstoffe aus dem Produktionsprozess freisetzen.

In allen erwähnten Fällen ist ebenfalls eine Freimessung erforderlich.

Umfassend können Sie sich im Portal Gefahrenschwerpunkt Frachtcontainer informieren.

Überraschender Kontakt zum Gefahrgut

Unbeabsichtigter Produktaustritt

Während der Beförderung darf kein Produktaustritt vorkommen, dies wird von den Überwachungsbehörden geahndet. Für das ordnungsgemäße Sichern in den gewählten Umschließungsmitteln und Fahrzeugen sind der Verpacker (§22 GGVSEB), der Befüller (§23 GGVSEB) und / oder der Fahrer in der Pflicht. (§28 GGVSEB).

Belüftungseinrichtungen und Druckentlastungen

Manche Produkte dürfen nur unter Druckentlastung transportiert werden, da sonst die Gefahrgutumschließung bersten kann. Wichtig ist hier, dass Fahr- und ggf. Ladepersonal wissen, wo diese Stellen angebracht sind und was dort ggf. entweicht.

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