Empfehlungen des Verkehrsgerichtstages

Auf dem 61. Verkehrsgerichtstag Ende Januar haben Expertinnen und Experten in acht Arbeitskreisen Empfehlungen zu aktuellen Rechtsthemen rund um den Verkehr formuliert.

Der verkehrsrechtliche Kongress in Goslar endete mit Empfehlungen für die Gesetzgebenden. Die wichtigsten Themen aus den Arbeitskreisen im Überblick.

„Just Culture“ in der Luftfahrt stärken

Erstmals beschäftigte sich ein Arbeitskreis auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag mit rechtlichen Fragen des Luftverkehrs. Empfehlung: Die Fehler- und Meldekultur („Just Culture“) ohne Sanktionen müsse gestärkt werden. Wer Fehler melde, sollte sich darauf verlassen können, dass die aus solchen Meldungen gewonnenen Informationen angemessen geschützt werden und sie nur dafür genutzt werden, die Flugsicherheit aufrecht zu halten und zu verbessern.

Wichtig sei eine „faire, gerechte und ausgewogene Beurteilung des Sachverhalts“ wie der Arbeitskreis VIII (PDF-Download) feststellt. Deshalb empfehlen die Experten unter anderem, Staatsanwälte und Richter in Sachen Flugsicherheit fortzubilden, Sonderdezernate einzurichten und die Richtlinien für Straf- und Bußgeldsachen anzupassen.

„Aus Fehlern können wir lernen. Wer sie meldet, hilft dabei, sie künftig zu vermeiden und muss den Meldesystemen vertrauen können“, sagt Dr. Jörg Hedtmann, Leiter des Geschäftsbereichs Prävention bei der BG Verkehr. „Als Mitglied des Arbeitskreises trage ich dessen Empfehlungen daher ausdrücklich mit.“

Ärztliche Meldepflicht bei fehlender Fahreignung

Der Arbeitskreis VI (PDF-Download) lehnt eine ärztliche Meldepflicht fahrungeeigneter Personen ab. Zulässig solle eine Mitteilung an die Fahrerlaubnisbehörde erst bei einem begründeten Verdacht auf fehlende Fahreignung sein und wenn Therapien und Beratungen ausgeschöpft sind. Die Bedingungen dafür sollten aus Sicht des Arbeitskreises präziser formuliert werden. In verkehrsmedizinischer Hinsicht bestehe außerdem ein erheblicher ärztlicher Aus-, Fort- und Weiterbildungsbedarf.

Regeln für E-Scooter-Fahren

Der Arbeitskreis V (PDF-Download) befasste sich mit dem Fahren von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen wie E-Scootern. Die derzeit gültigen Alkohol-Grenzwerte sollen beibehalten werden. Für E-Scooter-Fahrende gelten die gleichen Werte wie für Autofahrer: Ab 0,5 Promille ist das Fahren eine Ordnungswidrigkeit, aber 1,1 Promille eine Straftat, für die der Entzug der Fahrerlaubnis droht, auch wenn für das Führen eines E-Scooters kein Führerschein nötig ist.

Der Gesetzgeber müsse klarer regeln, welche Anforderungen an die Fahreignung für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge gelten. Gleiches gilt für die Maßnahmen der Behörden bei Ungeeignetheit. Für die Unfallprävention fordern die Fachleute eine enge Zusammenarbeit von Verleihunternehmen, Behörden und weiteren Akteuren der Verkehrssicherheitsarbeit.

Rolle des Fahrzeughalters bei Verkehrsverstößen

Um die Halterverantwortlichkeit bei Verstößen nach § 24 Straßenverkehrsgesetz ging es im Arbeitskreis II (PDF-Download). Es sei wichtig für die Verkehrssicherheit, den Fahrer oder die Fahrerin bei Verstößen zu ermitteln. Deshalb empfehlen die Fachleute eine Verjährungsfrist von sechs Monaten für die Verfolgung. Bisher sind es drei Monate. Eine Pflicht des Halters, den Fahrer zu benennen, sei zu prüfen.

Bereits bei erstmaligem Verstoß, für den es Punkte gibt, empfehlen die Expertinnen und Experten des Arbeitskreises VII (PDF-Download) dem Fahrzeughalter die Pflicht zur Führung eines Fahrtenbuchs anzudrohen, „wenn der Verantwortliche trotz der gebotenen Ermittlungen nicht festgestellt werden konnte.“

Wachsende Bedeutung von Produkthaftung

Aus Sicht des Arbeitskreises III (PDF-Download) ist der zunehmende Einsatz autonomen Fahrens noch kein Anlass, die Halterhaftung aufzugeben oder zu ändern. Trotzdem unterstützen die Fachleute eine Anpassung der Produkthaftung. Je mehr die Steuerung von Fahrzeugen automatisiert werde, desto eher könnten Produktfehler eine Unfallursache sein. Der Arbeitskreis empfiehlt, die Produkthaftung auch auf beruflich genutzte Gegenstände anzuwenden, und dass auch „Unternehmen als Geschädigte anerkannt werden.“ Für den gesetzlichen Übergang von der Halterhaftung zur Produkthaftung sei es aber noch zu früh. Daran könne man erst denken, wenn sich autonome Kraftfahrzeuge im Verkehr durchgesetzt haben.

Umgang mit Fahrzeugdaten

Ebenfalls um technische Möglichkeiten in Fahrzeugen ging es im Arbeitskreis I (PDF-Download). Dieser fordert ein Konzept, das den technischen Zugang zu Fahrzeugdaten regelt. Dabei sollte der Hersteller gleichberechtigt wie andere Dritte behandelt werden und nicht wie bisher den exklusiven technischen Zugriff haben. Zusätzlich muss das Konzept sicherstellen, dass Polizei und Justiz im Rahmen ihrer gesetzlichen Grundlagen Zugriff auf Fahrzeugdaten bekommen. Der Arbeitskreis empfiehlt außerdem, dass der sogenannte Event-Data-Recorder für Unfallanalysen auch Standort, Datum und Uhrzeit nebst Zeitzone speichert.

Alle Empfehlungen des 61. Deutschen Verkehrsgerichtstages

 

Artikelaktionen