Gefahrgutfahrzeuge
Unfälle beim Transport gefährlicher Güter sind zwar selten, haben jedoch oft schwerwiegende Folgen. Durch den Austritt des beförderten Gefahrguts können Personen verletzt werden und auch Umweltschäden entstehen.
Überblick zu Gefahrgutunfällen
Laut Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen (BASt) werden rund fünf von 1.000 Unfällen mit Personenschaden, an denen Güterkraftfahrzeuge beteiligt sind, als Gefahrgutunfälle eingestuft. So weist die Unfallstatistik der BASt für das Jahr 2022 über 24.000 Unfälle mit Personenschäden aus, an denen mindestens ein Fahrzeug mit Gefahrgut an Bord beteiligt war.
Unfallstatisktik der BASt: Straßenverkehrsunfälle beim Transport gefährlicher Güter
Fahrzeuge zur Gefahrgutbeförderung
Laut Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit Eisenbahnen und auf Binnengewässern (§ 2 GGVSEB) gelten alle Fahrzeuge als Güterbeförderungsmittel, die bauartbedingt eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h erreichen können. Dazu zählen auch zwei- und dreirädrige Fahrzeuge, selbstfahrende Bau- und Arbeitsmaschinen sowie Anhänger aller Art. In diesem Punkt geht das deutsche Recht über die Regelungen des ADR hinaus.
Fahrzeuge, die ausschließlich zum Transport von Versandstücken mit Gefahrgut vorgesehen sind und nicht als EX/II- oder EX/III-Fahrzeuge zugelassen sind, unterliegen lediglich den Zulassungsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Zusätzlich müssen sie die Anforderungen des Kapitels 9.4 ADR erfüllen. Dieses Kapitel verweist auch auf weitere spezielle Vorschriften, die je nach Art des Gefahrguts oder der Gefahrgutklasse beachtet werden müssen.
Zu den Versandstücken zählen unter anderem:
- Schüttgutcontainer mit einem Fassungsvermögen unter 1 m³
- Intermediate Bulk Container (IBC)
- Großverpackungen
Weiterführende Informationen finden Sie in der
Gasflaschen in Werkstattwagen
Handwerker verwenden oftmals Kastenwagen, um Werkzeug und Ausrüstung, wie z. B. auch Gasflaschen, zu transportieren. Dieser Transport von Gefahrgut erfolgt dann häufig unter Freistellungsbedingungen, d. h., es handelt sich um einen nicht kennzeichnungspflichtigen Transport, der nur wenige Anforderungen an das Fahrzeug stellt.
Gefährdung durch Gasflaschen
Gasflaschen, insbesondere für Schweißarbeiten, stellen bei Unfällen eine erhebliche Gefährdung dar. Deshalb sollten sie nur in offenen oder belüfteten Fahrzeugen transportiert werden. Weist ein Kastenwagen keine Belüftung auf bzw. kann diese nicht nachgerüstet werden, darf er für die Beförderung von Gasen nur benutzt werden, wenn in der Gefährdungsbeurteilung ausgeschlossen wird, dass von den im Fahrzeug beförderten Gasen eine Gefahr ausgeht. In diesem Fall muss unterstützend ein Hinweisschild "Achtung - Keine Belüftung - Vorsichtig öffnen" an der Tür des Ladeabteils angebracht werden.
In der Gefährdungsbeurteilung muss auch der Fall eines Unfalls berücksichtigt werden.
Unterweisung
Die Fahrzeugbesatzung muss unter anderem über die möglichen Gefahren bei nicht ausreichender Belüftung durch unplanmäßig freigewordene Gase aufgeklärt werden:
- Im Inneren kann explosionsfähige Atmosphäre vorhanden sein.
- Acetylen ist nur etwas leichter als Luft, es sammelt sich nur langsam oben.
- Andere Gase sind meist schwerer, sie sammeln sich unten.
- Mögliche Zündquellen im Laderaum sind zu vermeiden.
- Tritt Inertgas bzw. Schutzgas aus, so herrscht im Inneren eine erstickende Atmosphäre.
Technische Anforderungen an den Transport
Für den freigestellten Transport gemäß ADR 7.5.11 müssen die Lade- und Handhabungsvorschriften gemäß CV 36 eingehalten werden.
Nach DVS-Merkblatt 0211 gilt ein Ladeabteil als ausreichend belüftet, wenn zwei ständig offene Lüftungsöffnungen vorhanden sind (mindestens 1 % der Grundfläche des Ladeabteils). Jede Öffnung muss mindestens 100 cm² groß sein. Die Öffnungen sollen diagonal gegenüberliegend im bodennahen und deckennahen Bereich angeordnet sein.
Grundanforderungen an Nutzfahrzeuge zur Gefahrgutbeförderung
Nutzfahrzeuge zur Gefahrgutbeförderung müssen eine Bremsausrüstung in Übereinstimmung mit der UN-Regelung Nr. 13 oder der Richtlinie 71/320/EWG bei Zulassung nach dem 30. Juni 1997 aufweisen (siehe Absatz 9.2.3.1.1 ADR).
Bei schweren Nutzfahrzeugen zur Gefahrgutbeförderung ist ein Geschwindigkeitsbegrenzer in Übereinstimmung mit der UN-Regelung Nr. 89 oder der Richtlinie 92/24/EWG verpflichtend (siehe Abschnitt 9.2.6 ADR). Das gilt für alle Nutzfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 12 Tonnen mit einer Zulassung nach dem 31. Dezember 1987. Für Nutzfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen und höchstens 12 Tonnen gilt dies bei einer Zulassung nach dem 31. Dezember 2007.
Tipp zur Auswahl von Fahrzeugen
Vor der Beschaffung eines neuen, gebrauchten oder geleasten Nutzfahrzeuges müssen immer auch die Anforderungen durch das zu befördernde Gut berücksichtigt werden. In der Betriebsanleitung des Herstellers werden die vorgesehenen Güter genannt. Sollen andere Güter transportiert werden, informieren Sie sich über mögliche Nachrüstung von Zusatzeinrichtungen oder wählen Sie ein anderes Modell.
Zusatzeinrichtungen
Beispiele für besondere Zusatzeinrichtungen sind:
- Transporter mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen, die gelegentlich zum kennzeichnungspflichtigen Gefahrguttransport eingesetzt werden, müssen über einen Geschwindigkeitsbegrenzer verfügen.
- Bei Werkstattwagen, die Schweißgeräte befördern, ist eine ausreichende Lüftung im Ladeabteil Stand der Technik.
- Bei Lieferwagen für Sendungen, die mit Trockeneis gekühlt werden, ist eine abgetrennte Fahrerkabine und eine Lüftung im Ladeabteil Stand der Technik.
Zugelassene Fahrzeuge zur Gefahrgutbeförderung
Die Anforderungen an Bau und Zulassung von Fahrzeugen (einschließlich Anhänger), die für den Transport gefährlicher Güter bestimmt sind, sind in Teil 9 ADR geregelt.
Diese Vorschriften betreffen unter anderem:
- Fahrzeuge mit festverbundenen oder aufgesetzten Tanks
- Fahrzeuge für Schüttgutcontainer
- Fahrzeuge für Gefahrgut der Klasse 1 (Explosivstoffe) – auch in Versandstücken
- MEMUs (Mobile Einheiten zur Herstellung von Explosivstoffen)
- Fahrzeuge für Gefahrgut, das unter Temperaturkontrolle transportiert werden muss
Für Zugmaschinen sind unter bestimmten Bedingungen erleichterte typgenehmigte Zulassungen möglich. Für vollständige sowie mit speziellen Aufbauten vervollständigte Fahrzeuge muss immer ein Nachweis erbracht werden, dass alle anwendbaren Kapitel 9.2 bis 9.8 ADR eingehalten sind. Basis sind die Forderungen der UN-Regelung Nr. 105 "Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Fahrzeugen für den Transport gefährlicher Güter hinsichtlich ihrer besonderen konstruktiven Merkmale".
Unterschieden werden folgende Typen:
Typ | Zulassung für |
---|---|
EX/II EXIII |
Explosive Stoffe oder Gegenstände mit Explosivstoff (Klasse 1) |
FL |
Entzündbare Stoffe in Tanks, dazu gehören:
|
AT |
Produkte, die weder explosiv noch entzündbar sind, in:
|
MEMU |
Mobile Einheit zur Herstellung von explosiven Stoffen oder Gegenständen mit Explosivstoff |
Alle diese Fahrzeuge benötigen eine Zulassungsbescheinigung für Fahrzeuge zur Beförderung bestimmter gefährlicher Güter vor Inbetriebnahme und eine jährliche technische Untersuchung nach ADR ergänzend zur Hauptuntersuchung. Dies dient der Überprüfung, ob die vorgeschriebenen technischen Maßnahmen nach ADR noch ausreichend wirksam sind.
Um die allgemeine Verkehrssicherheit beim Transport von Gefahrgut auch beim Einsatz von alternativen Antrieben zu gewährleisten, wurde mit dem ADR 2025 das Kapitel 9.2 grundlegend überarbeitet. Zu den wesentlichen Änderungen gehören:
- Unterabschnitt 9.2.2.8 ADR:
Aus "Batterietrennschalter" wird "Spannungsfreischaltung von Stromkreisen". Diese Schaltung darf nun 30 Sekunden bis zur Spannungsfreiheit nicht dauernd versorgter Stromkreise benötigen. - Abschnitt 9.2.4 ADR:
Aus "Verhütung von Feuergefahren" wird "Antriebssystem des Fahrzeugs". In eigenen Unterabschnitten werden Kraftstoffbehälter, Verbrennungsmotoren, elektrische Antriebssysteme und wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen beschrieben. Auch Hybridfahrzeuge sind möglich.
Mit dem ADR 2025 werden alternative Antriebsquellen auch für FL-Fahrzeuge zulässig. Welche sich davon am Markt durchsetzen werden, bleibt abzuwarten. Allerdings sind Anhänger mit Rekuperationsbremsen oder einem elektrischen Antriebssystem nicht zugelassen.
Zulässige Antriebssysteme für Gefahrgut-Fahrzeugtypen gemäß ADR 2025
Antriebssystem | EX/II | EX/III, MEMU | FL | AT |
---|---|---|---|---|
Diesel |
ja |
ja |
ja |
ja |
Benzin |
- | - |
ja |
ja |
Erdgas (LNG, CNG) |
- | - |
ja |
ja |
Autogas (LPG) |
- | - |
ja |
ja |
Vollelektrisch |
- | - |
ja |
ja |
Hybrid |
- | - |
ja |
ja |
H2-Brennstoffzelle |
- | - |
ja |
ja |
H2-Verbrenner |
- | - |
ja |
ja |
Nachhaltiges Verkehrswesen
Auch Deutschland will ein nachhaltiges Verkehrswesen fördern. Weitere Informationen finden Sie beim Bundesministerium für Verkehr und auf der Internetseite des Gesamtkonzepts Klimafreundliche Nutzfahrzeuge.

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