Fume- and Smell-Events

In Flugzeugen treten immer wieder und aus unterschiedlichen Ursachen Gerüche auf, die man als unangenehm empfindet und denen man im Flugzeug nicht ausweichen kann. Bei den meisten Verkehrsflugzeugen wird die Frischluft für Kabine und Cockpit an den Triebwerken als sogenannte Zapfluft (Bleed Air) abgegriffen. Bei diesem Vorgang kann es zum Eintrag von geringen Mengen von Ölen oder deren Zersetzungsprodukten in die Luftströmung kommen. Die BG Verkehr beschäftigt sich deshalb seit einigen Jahren intensiv mit der Frage, ob aus diesem Vorgang oder auch aus Gerüchen anderer Ursache Gefährdungen für die Gesundheit von Crewmitgliedern und Passagieren erwachsen können.

Stand der Erkenntnisse der BG Verkehr

Lange Zeit stand Trikresylphosphat (TCP), ein Organophosphat und chemischer Zusatzstoff des Turbinenöls, im Verdacht, gesundheitliche Beschwerden auszulösen. Das hat sich bisher trotz umfangreicher Untersuchungen nicht bestätigt. Gleiches gilt für andere Stoffe aus der Gruppe der Organophosphate, die bereits im Rahmen der FUSE-I-Studie im Jahr 2012 durch das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) im Auftrag der BG Verkehr unter die Lupe genommen wurden.

Die BG Verkehr hat eine weitere Untersuchung initiiert, um den Gesundheitsbeschwerden auf die Spur zu kommen, über die im Zusammenhang mit unangenehmen Gerüchen in Luftfahrzeugen berichtet wird.  Ende 2021 wurde die FUSE-II-Studie abgeschlossen, die 2017 mit einem zeitlich begrenzten Biomonitoring startete. Sowohl das Verfahren für das Biomonitoring als auch die Auswertung übernahm wiederum das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

Im Rahmen der Studie wurden den von einem Fume- and Smell-Event betroffenen Crewmitgliedern nach der Landung an flughafennahen Kliniken Blut- und Urinproben abgenommen, um in diesen unter anderem leichtflüchtige organische Verbindungen (VOC) und deren Stoffwechselprodukte zu analysieren. Die Proben wurden dazu nach einem standardisierten und qualitätsgesicherten Verfahren von Durchgangsärzten genommen, an das IPA versendet und dort analysiert. Insgesamt beteiligten sich 375 Betroffene an diesem Biomonitoring.

Die ermittelten Werte wurden mit denen einer Kontrollgruppe von 86 Personen aus der Allgemeinbevölkerung verglichen. Die Ergebnisse lassen weder die Identifikation einer für solche Ereignisse typischen Substanz zu, noch ergeben sich insgesamt Unterschiede zwischen der Gruppe der Betroffenen und der Kontrollgruppe, die auf ein relevantes Expositionsgeschehen hinweisen. Gesundheitsgefährdende Konzentrationen flüchtiger organischer Substanzen oder von Organophosphaten konnten nicht nachgewiesen werden. Die gelegentlich im Zusammenhang mit Fume and Smell Events beschriebene Symptomatik lässt sich auch nicht mit den im Biomonitoring gemessenen Werten erklären. Wohl aber ergaben sich Hinweise auf eine geringe Hintergrundbelastung sowohl der Betroffenen, als auch der Kontrollgruppe, die aber für das fliegende Personal durchaus auf spezifische Expositionen hinweist.

Eine Zusammenfassung der Biomonitoring-Ergebnisse finden Sie hier.

Im Weiteren werden sich die Fachleute der BG Verkehr die Studienergebnisse sehr genau ansehen und prüfen, wo es gegebenenfalls zusätzlichen Informationsbedarf gibt. Impulse dafür werden aus der Diskussion der Ergebnisse aufgrund der wissenschaftlichen Veröffentlichungen erwartet. In Zusammenarbeit mit den Luftfahrtgesellschaften wird außerdem weiterhin an technischen und organisatorischen Maßnahmen gearbeitet, um die Anzahl von Ereignissen mit eindringenden Öldämpfen und anderen unangenehmen Gerüchen zu minimieren.

Das Standardverfahren nach einem Fume- and Smell-Event

Um die Betreuung der Betroffenen zu optimieren und die Dokumentation der Fume-Events zu vereinheitlichen, hat eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe einen Ablaufplan entwickelt, der als Standardverfahren bezeichnet wird. Das Verfahren entstand in Abstimmung unter anderem mit dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft und mit Beteiligung der medizinischen und betriebsärztlichen Dienste der Fluggesellschaften, Vertretern der Crews und Fluggesellschaften. Das Verfahren wurde 2017 aktualisiert und stellt unter anderem sicher, dass bei Bedarf spezifische Untersuchungen und Laborwerte erhoben werden.

Medizinisches Standardverfahren nach Fume-Events

Standard medical procedure after fume events

Die BG Verkehr rät allen Betroffenen, bei gesundheitlichen Beschwerden möglichst kurzfristig nach einem Fume- and-Smell-Event einen Durchgangsarzt bzw. eine Durchgangsärztin aufzusuchen. Bei der Untersuchung der Betroffenen kann dabei auf das medizinische Standardverfahren zurückgegriffen werden, das als Basis für die medizinische Diagnostik empfohlen wird. Die Kosten für die Durchführung des medizinischen Standardverfahrens trägt die BG Verkehr. Die Kosten für vom Standardverfahren abweichende Diagnostik oder Dignostik, bei der nicht der Weg über Durchgangsärztinnen und -ärzte gegangen wird, kann die BG Verkehr hingegen nicht übernehmen.

Durchgangsärztinnen und -ärzte sind selbstverständlich wie alle anderen Ärztinnen und Ärzte weisungsfrei in der Ausübung ihrer medizinischen Tätigkeit. Sie entscheiden, ob sie Patienten krankschreiben und welche Untersuchungen sie veranlassen. In Deutschland gibt es circa 3.700 niedergelassene oder an Krankenhäusern und Kliniken beschäftigte Ärztinnen und Ärzte, die im Auftrag aller gesetzlichen Unfallversicherungsträger als Durchgangsärztinnen und -ärzte tätig sind.

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Unabhängig davon tragen die Unternehmerinnen und Unternehmer die Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Sie haben für die Meldung eines Fume- and Smell-Events und die Versorgung der Beschäftigten im Ausland Regelungen getroffen. Während der jährlichen Unterweisungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit werden diese Maßnahmen vermittelt.

Fume- and Smell-Events melden an: leistung@bg-verkehr.de

Fragen und Antworten

Nachfolgend finden Sie die Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Fume- and Smell-Events.

Die BG Verkehr beschäftigt sich seit 2009 intensiv mit Fragen möglicher Gesundheitsbeschwerden als Folge von Geruchsereignissen in Flugzeugen.

Die Symptome waren und sind nicht einheitlich. Sie betreffen verschiedene Organsysteme und sind zumeist nicht spezifisch für bestimmte möglicherweise einwirkende Schadstoffe. Erschwert wird die Beurteilung auch, weil sich die Symptome trotz sorgfältiger fachärztlicher Untersuchungen kaum als klare Diagnose erfassen lassen. Daher bleibt nur die Prüfung der Einzelfälle mit ihren je eigenen technischen Ursachen, Geruchswahrnehmungen und Beschwerden. Die zeitliche Verkettung von Gerüchen und Symptomen bedeutet nicht, dass es sich um eine Vergiftung handeln muss. Intensiv unangenehme Gerüche können Beschwerden wie Übelkeit oder Kopfschmerzen hervorrufen, ohne Giftwirkung zu besitzen.

Die Definition der Gefahrstoffe bezieht sich auf Eigenschaften, die chemischen Stoffen innewohnen, wie z. B. eine Ätzwirkung oder eben die Giftigkeit. Werden Schutzmaßnahmen beachtet, ist ein Umgang mit solchen Stoffen möglich und auch tägliche Praxis, da nicht die bloße Anwesenheit des Stoffes zu Schäden führt, sondern erst die Aufnahme von stoffabhängig bestimmten Mengen durch Einatmen, Verschlucken oder über die Haut. Bislang fehlen Belege, dass in Flugzeugen Schadstoffe in gesundheitsgefährdenden Konzentrationen aufgetreten sind. Heute ist die Analytik äußerst leistungsfähig und kann kleinste Mengen nachweisen. Ein bloßer Nachweis von Substanzen bedeutet aber noch keine Gefährdung, erst die Dosis macht das Gift. Messergebnisse typischer leichtflüchtiger Substanzen geben qualitativ und quantitativ ein ähnliches Bild ab wie es aus Wohnungen oder Büroräumen bekannt ist.

Nach unseren Erkenntnissen nicht. Die Gruppe neurotoxischer ortho-Verbindungen des Trikresylphosphat sind seit einigen Jahren nicht oder nur noch in Spuren in den verwendeten Ölen enthalten. Die Anzahl gemeldeter Fälle hat jedoch nicht abgenommen, wie dies bei einer wesentlichen TCP-Verursachung zu erwarten gewesen wäre. Von Institutionen im In- und Ausland durchgeführte Messungen zeigen keine kritischen Konzentrationen in der Luft und auch bei einer diesbezüglichen Untersuchung der BG Verkehr in Zusammenarbeit mit dem IPA ergaben sich keine kritischen Werte. Auch für TCP spezifische Gesundheitsbeeinträchtigungen wurden nicht beobachtet.

In Turbinen- und Hydraulikölen sind weitere Verwandte des TCP enthalten, mengenmäßig v. a. das Tributylphosphat (TBP). Bei Messungen wird es häufig nachgewiesen, aber auch hier handelt es sich um sehr niedrige Konzentrationen, die mehr als tausendfach unterhalb des Arbeitsplatzgrenzwertes (AGW) von 11 mg/m³ liegen. TBP gibt es nicht nur in Flugzeugen, sondern aufgrund anderer Einflüsse auch als Hintergrundbelastung der Allgemeinbevölkerung. Der Stoff wurde regelmäßig bei einer Biomonitoring-Studie des Flugpersonals gefunden, etwas erhöht gegenüber einer nicht-repräsentativen Gruppe der Allgemeinbevölkerung. Übereinstimmend mit den Ergebnissen der Luftanalytik lässt sich hieraus aber keine Gefährdung für die Personen im Flugzeug ableiten.

Es gibt aktuell keine Hinweise auf eine länger anhaltende Gesundheitsgefahr durch Produkte bei thermischer Belastung von Enteisungsmitteln. 2016 gelangte in einem Fall durch einen Fehler Enteisungsmittel in ein Hilfstriebwerk (die sog. APU) und dadurch in die Frischluftversorgung. Es handelt sich um das einzige schwerwiegende Vorkommnis mit Enteisungsflüssigkeit, das der BG Verkehr bekannt geworden ist. Von Enteisungen, die saisonal sehr häufig vorgenommen werden, geht generell keine Gefährdung für Passagiere, Crewmitglieder und das Personal der Enteisungsfahrzeuge aus. Bei korrekter Anwendung gelangen über Spuren hinaus keine Bestandteile der Enteisungsflüssigkeit über Haupt- oder Hilfstriebwerke ins Flugzeuginnere. Während der Enteisung sind keine oder schwach süßliche Gerüche nach Glykolen im Flugzeug wahrnehmbar.

Eine hohe Exposition gegenüber Lösungsmitteln im Flugzeug konnte bislang nicht nachgewiesen werden und ist auch nicht plausibel. Luftmessungen zeigen die genannten Verbindungen höchstens in Spuren.

Auch die FUSE-II-Studie des Institutes für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) im Auftrag der BG Verkehr kommt zu dem Ergebnis, dass im Rahmen von Fume- and Smell-Events keine gesundheitsgefährdenden Mengen flüchtiger organischer Substanzen in den Körper gelangen.

Grundsätzlich ist z. B. bei der Planung von Messungen darauf zu achten, ob mehrere Schadstoffe an den Arbeitsplätzen und daraus folgend Summenwirkungen auftreten können. Abhängig von den Bestimmungsgrenzen der Analytik können in Flugzeugen, aber auch in Wohnungen, Büros oder Fahrzeugen, sehr viele Verbindungen erfasst werden – wenn man so will: ein „Cocktail“ von Gefahrstoffen. Dabei liegen die Konzentrationen allerdings im Mikrogramm pro Kubikmeter-Bereich oder noch darunter und somit derart niedrig, dass kumulative Wirkungen nicht wahrscheinlich sind, zumal Stoffe mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen nicht oder nur indirekt kumulativ wirken.

Untersucht wurden

  • Im Blut: 2-Butanon/MEK, Isopropanol, n-Heptan, Isohexan/2-Methylpentan, n-Hexan, n-Octan, n-Decan, 2-Heptanon, Toluol, Aceton, erythrozytäre Acetylcholinesterase
  • Im Urin: 2,5-Hexandion (Metabolit von n-Hexan), o-Kresol (Metabolit von Toluol), Aceton, Metabolite von Trikresylphosphat, Triphenylphosphat und Tributylphosphat

Nach Auswertungen der BG Verkehr wurden der BG Verkehr seit 2013 folgende Vorfälle angezeigt:

2022: 185

2021: 47

2020: 118

2019: 524

2018: 542

2017: 920

2016: 830

2015: 450

2014: 420

2013: 300

Die Kriterien für die Erfassung sind seit Beginn der Dokumentation unverändert. Es fließen alle Unfallanzeigen in die Fallzahlen ein. Dazu zählen auch solche Unfallanzeigen, die nach einem Fume- and Smell-Event vorsorglich gemeldet werden, obwohl keine gesundheitlichen Beschwerden auftreten. Meldepflichtig sind Unfälle mit einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen.

Im Jahr 2022 waren 92 Prozent der Anzeigen nicht meldepflichtig, d. h. es lag entweder keine oder eine Arbeitsunfähigkeit von maximal drei Tagen vor. 8 Prozent der Fälle waren meldepflichtig.

In Deutschland sind circa 4.000 niedergelassene und an Krankenhäusern und Kliniken tätige Ärzte in das Durchgangsarztverfahren eingebunden. Sie sind im Auftrag aller gesetzlichen Unfallversicherungsträger tätig und nicht nur für die BG Verkehr.

Nach einem Arbeits- oder Wegeunfall müssen die Betroffenen einen Durchgangsarzt aufsuchen, wenn sie über den Unfalltag hinaus arbeitsunfähig sind, die notwendige ärztliche Behandlung voraussichtlich über eine Woche dauert oder es sich um eine Wiedererkrankung nach einem Arbeitsunfall handelt. Das schließt natürlich nicht aus, im Notfall den nächstgelegenen Arzt oder das nächst gelegene Krankenhaus aufzusuchen.

Der Durchgangsarzt entscheidet, ob eine Behandlung beim Hausarzt ausreicht oder ob wegen der Art oder Schwere der Verletzung eine besondere Heilbehandlung erforderlich ist, die er dann regelmäßig selbst durchführt. Bei hausärztlicher Behandlung überwacht er den Heilverlauf.

Durchgangsärzte sind selbstverständlich wie alle Ärzte weisungsfrei in der Ausübung ihrer medizinischen Tätigkeit. Sie allein entscheiden, ob sie einen Patienten krankschreiben oder weitere Untersuchungen – wie z. B. eine Blutprobe - veranlassen.

Ja, in der weit überwiegenden Zahl werden Unfälle nach Fume- and Smell-Events als Arbeitsunfall anerkannt. Allerdings ist die BG Verkehr gesetzlich verpflichtet, Leistungen nur so lange und in solchem Umfang zu gewähren, wie ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsbeschwerden besteht. Dies gilt ebenso für die Anerkennung von Erkrankungen als Berufskrankheit. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen anhaltenden Beschwerden und einem Fume- and Smell-Event konnte bisher jedoch nicht festgestellt werden.

Das Standard-Untersuchungsverfahren entstand in Abstimmung mit dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) unter Beteiligung der Medizinischen und Betriebsärztlichen Dienste der Fluggesellschaften, Flugbetriebe, der BG Verkehr, Vertretern von Fliegerärzten, Crews und Fluggesellschaften sowie der Wissenschaft. Es wurde Anfang 2017 in Abstimmung mit dem BDL aktualisiert. Aus fachlicher Sicht wird das Verfahren von der BG Verkehr als Basis für die ärztliche Diagnostik unmittelbar nach einem Fume-and Smell-Event empfohlen.

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